Wir sind die Laborraten im größten geldpolitischen Experiment der Geschichte

22.08.2018
Chris Martenson

Es gibt genügend Warnsignale, die darauf hindeuten, dass eine weitere, ernsthafte Finanzkrise bevorsteht. Diese Warnsignale werden von der Mehrheit jedoch gründlich ignoriert. Vielleicht verständlicherweise.

Nach zehn Jahren beinahe konstanter Zentralbankeneinmischung zur Unterstützung der Märkte und zur Steigerung der Aktien-, Anleihe- und Immobilienpreise – während die Rohstoffpreise gleichzeitig nach unten gedrückt wurden, um die inflationäre Auswirkung der Gelddruckerei vor den Massen geheimzuhalten – ist die Vorstellung schwierig, dass „sie“ rückläufige Märkte jemals wieder erlauben werden.

Das ist als „Zentralbank-Put“ bekannt: Wann immer die Märkte zu wanken beginnen, wird die Zentralbank eingreifen, um sie zurück in die „richtige“ Richtung zu stützen/stupsen/drängen: nach oben.

Im Nachhinein ist es einfach, zu sehen, wie die Zentralbanken in ihre eigene Falle getappt sind, in der sie nun dafür verantwortlich sind, alle Märkte zur gleichen Zeit zu stützen. Die Krise von 2008 hat ihnen wirklich Angst eingejagt. Daher also auch ihre massive Gelddruckerei, um das System „zu retten.“ Aber anstatt zuzugeben, dass die große Finanzkrise das logische Resultat fehlerhafter Politik war, die nach dem Zusammenbruch der Dot-Com-Blase 2000 implementiert wurde (welche wiederum das Resultat fehlerhafter Politik der 1990er Jahre war), beschlossen die Zentralbanken nach 2008 ihren Einsatz zu verdoppeln und implementierten eine sogar noch schlechtere Politik.
Das größte geldpolitische Experiment der Menschheitsgeschichte

Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass das geldpolitische Experiment (und dessen soziale und politische Auswirkungen), das über die letzten zehn Jahre hinweg von den weltweit führenden Zentralbanken durchgeführt wurde, das größte der Menschheitsgeschichte darstellt:
Für diese weltweite Flut frisch „aus dem Nichts“ gedruckten Geldes gibt es in der Geschichte keinen Präzedenzfall. Überall auf der Welt ist jeder von uns Teil eines großen Experiments, das ohne Erfahrung oder Kontrolle durchgeführt wird. Das Endergebnis dessen kann nur auf die eine oder andere Art ausfallen: Es wird entweder außergewöhnlich gut oder spektakulär schrecklich.

Wenn der erste Fall eintritt, müssen wir uns nicht sorgen. Wir werden uns einfach weiterhin Geld in immer größeren Summen leihen und dieses ausgeben – für immer. Immerwährender Reichtum für Jeden!

Sollten die Dinge jedoch eine Belastungsgrenze erreichen, dann sollten Sie sich auf wahrhaft schlechte Zeiten vorbereiten.

Exzessive Gelddruckerei führt zur Zerstörung der Währung. Fiatgeld (wie der US-Dollar, der Euro, der Yen und jede andere Weltwährung) ist ein sozialer Vertrag, der mit einer Vielzahl an zugehörigen Vereinbarungen zusammenhängt. Wenn dieser Vertrag und diese Vereinbarungen durch eine leichtsinnige Expansion der Währungsbasis gebrochen werden, dann fallen die Dinge sehr schnell auseinander. Wir müssen nur die aktuelle Situation in Venezuela betrachten, um das zu verstehen.

Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Geld – egal ob physisches Bargeld oder in digitaler Form, Aktien oder Anleihen – nur ein Anspruch auf ein reales Vermögen ist. Reales Vermögen wie Land, Kleidung, Lebensmittel, Öl… nun, greifbare Dinge.

Wir erwarten, dass wir uns mithilfe unseres Bargeldes reale Dinge kaufen können, wann immer wir möchten.

Wir vertrauen darauf, dass wir durch unsere Aktien einen Teil eines realen Unternehmen besitzen, das reale Dinge gegen realen Profit produziert.

Wir verlassen uns darauf, dass uns unsere Anleihen in Zukunft zusammen mit Zinsen zurückgezahlt werden; wenn dies nicht der Fall ist, dann erwarten wir, dass unsere Anleihe zu einem Anspruch auf eine wertvolle Kreditsicherheit umgewandelt wird.

Idealerweise sollten sich die Geldmenge und das reale Vermögen im Gleichgewicht befinden. Da Geld ein Anspruch auf „etwas“ ist, sollten die Ansprüche zusammen mit dem wirtschaftlichen Output (d. h. „etwas“) steigen. Und in Zeiten wirtschaftlicher Kontraktion gilt dasselbe auch andersherum.

Aber was passiert, wenn die Ansprüche dieses „etwas“ deutlich zu übersteigen beginnen? Dann wird die Situation gefährlich.

Betrachten Sie, wie sich alleine die durch den Aktienindex S&P 500 widergespiegelten Ansprüche seit Beginn des Jahres 2009 vervierfacht haben, angetrieben durch die QE-Programme der Zentralbanken:

Die Geldflut, die durch QE entstand, sorgte nicht für die Schaffung neuen Reichtums (d. h. größere Produktionsleistung pro Kopf), sondern führte zu grotesk inflationierten Preisen von Finanzvermögenswerten, die mitverantwortlich für das ausgeprägteste Wohlstands- und Einkommensungleichgewicht unserer Zeit (vielleicht sogar aller Zeiten) sind.
Die vielen Sünden der Zentralbanken

Die Liste der von den Zentralbanken veranlassten Ungerechtigkeiten ist lang. Sie liest sich wie das Strafregister eines bösartigen Psychopathen: Billionen Dollar von Sparern gestohlen und an Großbanken und Spekulanten für ihre riskanten Trades ausgehändigt, ruinierte Rentenkassen, zerstörte Ruhestandsträume von Millionen Bürgern, Schulden in Rekordhöhe in jeder Ecke der Weltwirtschaft und zunehmend unbezahlbare Lebenshaltungskosten für jeden, der nicht Teil der elitären 1% ist.

„Aber wir mussten das System retten!“ schreien die Zentralbanker zu ihrer Verteidigung.

Auch wenn dies der Fall wäre (und ich bestreite, dass die Welt wirklich besser dran ist, Citibank und andere Institutionen gerettet zu haben), so hätte die Rettung bereits spätestens Mitte 2009 beendet werden sollen.

Doch stattdessen intensivierten die Zentralbanken ihre kriminellen Handlungen in den Jahren nach der weltweiten Finanzkrise. Wussten Sie, dass die massivste Gelddruckerei in den letzten zwei Jahren stattfand? (2016 bis 2017):
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Je intensiver die Gelddruckerei, desto größer die fundamentalen Verzerrungen. In einer derartigen Welt wird oben zu unten, schwarz zu weiß und richtig zu falsch.

All dies bedeutet, dass die fundamentale Analyse als Preisprognoseinstrument fast vollkommen nutzlos geworden ist. Alles, was zählt, ist die Antwort auf die Frage: „Wie viel wird die Zentralbank als nächstes drucken?“

In einem derartigen Umfeld gibt es keinen Raum für Investoren. Wir werden alle gezwungen, Spekulanten zu werden, die versuchen, die Denkprozesse einer kleinen Gruppe Banker vorauszuahnen.

Doch eine ihrer schlimmsten Straftaten ist die Stimmungsmanipulation. Die Preise fiktiver Vermögenswerte und Rohstoffe sind zu Werkzeugen der Politik und der Propaganda geworden; was bedeutet, dass nichts dem Zufall überlassen wird. Alle Preise müssen zur gleichen Zeit die „richtigen“ Signale geben.

Ähnlich wie bestimmte Nachrichtenkanäle dieselbe Meinung endlos immer wieder vertreten müssen. Wiederholung schafft ihre eigene Realität.

Aufgrund der zunehmend häufigen (wahrscheinlich täglichen) Einmischungen durch Zentralbanken und deren Stellvertreter, sind die Finanzmärkte zu „Märkten“ geworden. Nicht länger geben sie uns nützliche Signale bezüglich der Zukunft oder der aktuellen Gesundheit der Wirtschaft.

Stattdessen erzählen sie uns nur, was uns die Obrigkeiten hören lassen wollen. Für sie zählt nur Stärke und Stabilität. Solange diese Bedingungen weiter für Aktien-, Anleihe- und Immobilienpreise erfüllt werden, sind die meisten Leute zufrieden damit, den Dingen ihren Lauf zu lassen und nicht zu gründlich nachzuforschen.

Aber wenn sich diese Intrige ihrem unausweichlichen Ende zuneigt, dann wird der darauffolgende Zusammenbruch spektakulär sein.

Die Abrechnung ist lang überfällig. An diesem Punkt finden wir uns in der merkwürdigen Position wieder, auf das baldige Stattfinden dieser Abrechnung zu hoffen. Denn das Potenzial im System nimmt mit jedem Tag nur noch weiter zu.

Unsere Sorge ist es, dass sich das resultierende Massaker – sollte der Zusammenbruch zu lange hinausgezögert werden – als so groß herausstellen wird, dass es nicht mehr überlebbar ist.

Und obwohl wir dies im bildlichen Sinne für die Portfolios der Anleger meinen, ist es möglich, dass der Crash wortwörtlich nicht überlebbar sein wird: Wenn die politische „Lösung“, mithilfe derer von der Schuld der Zentralbanken und deren Komplizen in Washington abgelenkt werden soll, ein „kinetischer“ Krieg ist.

In diesem Licht betrachtet ergeben die theatralischen Versuche, die die Vereinigten Staaten in den letzten Jahren unternommen haben, um Russland zu verteufeln, plötzlich erschreckend viel Sinn…

Die ernstzunehmende Verschlechterung der Marktlage in den Schwellenländern, die vor Kurzem begonnen hat, droht sich auf andere Staaten zu übertragen und möglicherweise die nächste Krise auszulösen.

Die Türkei befindet sich aktuell in einer schweren Währungskrise, die sich zu einer ausgewachsenen Staatsschuldenkrise entwickeln könnte. Die dortigen Zahlungsausfälle werden sich auf das europäische Bankensystem übertragen (das der Türkei Unmengen an unsicheren Krediten gewährt hat) und dann einen Dominoeffekt im Rest der Welt auslösen.

Aber die Türkei ist nicht das schwächste oder besorgniserregendste Land: Italien strauchelt, ebenso wie Brasilien und sogar China. Aber Asien ohne China ist das echte Pulverfass. Die nicht bedienbaren Schulden dieser Region stellen alles andere in den Schatten.

Jahrelang haben wir prognostiziert, dass die nächste Krise „von außen nach innen“ stattfinden wird, während die schwächeren Staaten zuerst betroffen sind. Genau das scheint aktuell stattzufinden und hat mich dazu veranlasst, meine eigenen persönlichen Vorbereitungen voranzubringen.

Ich empfehle Ihnen, dasselbe zu tun.
https://www.goldseiten.de/artikel/386985–Wir-sind-die-Laborraten-im-groessten-geldpolitischen-Experiment-der-Geschichte.html

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